Claires unglaubliche Reise soll weitergehen
PASSAU / LÖFFELSCHEID (jcb) Diesen unglaublichen Abschluss eines irren, überwältigenden sportlichen Jahres in ihrer noch jungen Karriere wird sie nie vergessen. In einem weltweiten Ausleseverfahren hatte sich Claire Schönborn (26) aus dem Hunsrück-Dorf Löffelscheid zu Jahresbeginn den einzigen freien Platz in der Junior-Rallyeweltmeisterschaft (JWRC) gesichert. Inmitten der Weltelite dieses Sports hatte sich die junge Frau in fünf harten Läufen in Schweden, Portugal, Griechenland, Finnland und zum Abschluss bei der CER (Central Europe Rallye) im Dreiländereck Deutschland / Österreich / Tschechien behauptet. „Sahnehäubchen“ ihres Heimspiels, bei dem sie von vielen Fans aus der Heimat begleitet worden wurde, war Rang 16 im Gesamtklassement mit ihrem Ford Fiesta Rallye3 und damit die Platzierung als beste Deutsche zwischen all den ganz Großen dieses Sports.
Als am Sonntagabend die Siegerehrung in der proppenvollen Dreiländerhalle in Passau ansteht und die Hauptfiguren mit ihren hochgezüchteten Rennautos nach und nach eintreffen, steht die junge Systemingenieurin aus dem kleinen Hunsrück-Dorf fast schon wie selbstverständlich inmitten der ganz Großen der Rallyewelt. Über das ganze Gesicht strahlend klettert Claire, für die genau ein Jahr zuvor an gleicher Stelle ihr Rallye-Märchen begann, nun aus ihrem „Dienstfahrzeug“.
Bei ihrem Heimspiel, dem letzten Lauf der Junior-WM 2025, fährt sie mit Beifahrer Michael Wenzel ihr bestes Saisonergebnis ein und wird Gesamt 16. Das Rallyeauto in der Junior-WM war für alle Teams gleich: ein seriennaher von M- Sport aufgebauter Ford Fiesta Rally3 Evo. Turbogeladener Dreizylinder-Motor, sequenzielle Schaltung. Allradangetrieben, 235 PS bei 415 Newtonmeter maximalem Drehmoment. Elektronische Assistenzsysteme laut Reglement nicht zu gelassen.
Claire steht mitten unter den Siegern dieses Tages. Neben ihr das Team von Toyota Gazoo Racing, das im GR Yaris Rally1 seinen fünften Hersteller-Titel in Folge feiern darf. Mit dem zweifachen Weltmeister und CER-Gewinner Kalle Rovanperä (FIN, 25), den es nach dieser Saison von den Rallyepisten auf die Rundstrecke zieht. Mit dem Endziel Formel 1 wohl. Mit Sébastien Ogier (FRA, 41), dem achtfachen Weltmeister. Mit deren Teamchef Juha Kankkunen (FIN, 66), eine Legende in diesem Sport: viermal Weltmeister, ein Idol im Rallyeverrückten Finnland. Claire gibt Interviews, schreibt Autogramme, blickt für Selfies in die Handys der Fans. Alles fast schon wie selbstverständlich.
Und dennoch: Sie muss gar nicht einmal so lange zurückdenken, um das Szenario am Sonntagabend als fast schon unwirklich an zusehen. Sie, Claire Schönborn, die vor etwas mehr als einem Jahr ihre erste Rallye überhaupt gefahren war, quasi von Null in die WM: Ein Teil des „inner circle“ der Rallye-Weltmeisterschaft. „Wenn mir das hier jemand vor einem Jahr vorausgesagt hatte, den hätte ich ausgelacht. Es ist eine einzige Achterbahn der Gefühle für mich im Moment.“
Alles, sagt sie uns, bevor sie in die hell illuminierte Halle zur Siegerehrung hereinfährt, sei dabei gewesen in dieser Saison für sie: „Eine sehr gute Platzierung und auch mal der letzte Platz, als wir uns überschlagen hatten. Ein kunterbunter Mix.“ Sehr dankbar, gesteht sie, sei sie für diese Chance gewesen, die sie vom WM-Promoter bekommen habe. „Das ist alles andere als selbstverständlich. Ich habe viel lernen können. Auf Schotter, auf Schnee, auf Eis. Das alles war das erste Mal für mich.“ Trotz ihrer geringen Erfahrung auf diesem allerhöchsten Niveau konnte sie den Rückstand auf die Spitze in der Junior-WM deutlich verringern. Ihre Debütsaison schließen Schönborn / Wenzel damit auf dem siebten von 14 Junioren-Teams in der WRC ab.
Dabei soll es für sie nicht bleiben. „Ganz ehrlich, ich bin schon stolz auf unsere Ergebnisse und auf meine Entwicklung. Ich kämpfe um jede Gelegenheit, im Auto zu sitzen.“ Hinter den Kulissen wird mit ihrem Management mit Hochdruck an der Fortsetzung der jungen Karriere gearbeitet. Denn diese unglaubliche Reise soll nicht enden, sondern weitergehen „Für mich“, sagt Claire, „ gibt es nur einen Plan A. Und der heißt, weiterhin mein Talent auf allerhöchstem Niveau zu beweisen.“
Text und Fotos von Jürgen C. Braun
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