Bergrennen in Deutschland

Porträt: Marco Lorig im 300 PS starken Tatuus Formel Master

RINTELN (msco) Marco Lorig wohnt in Rinteln, zwischen Bielefeld und Hannover, keine Stunde entfernt vom Uphöfener Berg. Das Int. Osnabrücker Bergrennen ist sein Heimrennen, und hier will er auch sein neues Auto präsentieren, den Tatuus Formel Master S2000. Marco ist inzwischen Mitglied im MSC Osnabrück, sein Herz hängt aber auch immer noch an der SFG Rinteln, seinem ersten Verein. Dort begann er als 9-Jähriger mit dem Kartslalom und blieb dabei, bis er mit 16 oder 17 dem „Hütchenfahren“, wie er es augenzwinkernd nennt, entwachsen war.

Lange vorher schon hatte sein Vater ihm ein eigenes Gokart gebaut, angetrieben vom Motor einer Motorsense, das er auf dem Firmengelände seines Großvaters bewegen konnte. Also war Marcos Motorsportkarriere vorgezeichnet… oder? Hier überrascht der junge Bergrennfahrer uns gewaltig, denn vom 7. bis zum 23. Lebensjahr sammelte er die meisten Medaillen in einer ganz anderen Sportart: im Kunstturnen. Er turnte auf hohem Niveau, u.a. beim Deutschland-Pokal und im niedersächsischen Landeskader. Dann jedoch ließ er sein Paradegerät, die Ringe, los. Um sich auf sein Maschinenbaustudium zu konzentrieren. Und vielleicht auch, weil der Traum, Bergrennen zu fahren wie seine Eltern Ingo und Susanne und viele seiner Freunde, sich auf die Dauer nicht verdrängen ließ.

Er hatte etwas aufzuholen. Als er 2022 in den Bergrennsport einstieg, tat er das nicht wie andere mit einem kleineren Tourenwagen, sondern gleich mit einem Formel-Rennsportfahrzeug, dem Dallara F305 Honda Formel 3, aufgebaut von Herz Motorsport. Mit Erfolg: „In meiner ersten vollen Saison 2023 wurde ich gleich Zweiter im DMSB-Automobil-Berg-Cup für Rennsportfahrzeuge.“ 2024 siegte er in Wolsfeld, in Homburg und beim Glasbachrennen, bei dem auch die FIA-Europameisterschaft zu Gast war. „Am Glasbach habe ich gewonnen, obwohl ich mit meinem Formel 3 Kontakt mit einem Reifenstapel hatte.“ 2025 will er mit dem neuen Auto den nächsten Schritt machen.

Womöglich war die Erfahrung im Kunstturnen seiner Karriere am Berg sogar förderlich?

„Kunstturnen ist für mich eine der schwersten Sportarten, die es gibt“, sagt Marco Lorig. „Die Disziplin, die es dafür braucht, der Fokus auf einen selbst und auf den Moment, das hat mich auch fürs Autorennfahren geprägt.“ Von seiner körperlichen Top-Verfassung als Turner profitiert er bis heute: „Durch Beruf und Familie – wir haben einen 3-jährigen Sohn – habe ich jetzt weniger Zeit fürs Training. Da müssen oft Liegestütze am Morgen reichen. Aber körperliche Probleme hatte ich im Motorsport noch nie.“

Als Prüfingenieur beim TÜV Nord dreht sich auch beruflich bei ihm alles ums Auto. „Hauptuntersuchungen, Einzelabnahmen, Wiederzulassungen, das gehört alles zu meinen Aufgaben. Ich nehme auch Fahrerlaubnisprüfungen ab, ich sitze also im Fahrschulauto hinten rechts und entscheide, ob jemand den Führerschein bekommt.“

Er könnte gar an der Rennstrecke die Seite wechseln. „Ich bin auch DMSB-Sachverständiger, ich darf Rennautos prüfen.“ Sehen wir ihn bald als Technischen Kommissar am Berg? „Vorerst nicht. Ich will ja nicht meine Kollegen kontrollieren.“

2025 soll für ihn eine Testsaison mit dem neuen Auto werden. „Der Formula Master ist mit seinen 300 PS deutlich leistungsstärker als der Formel 3, und die Emotionen in dem Auto sind viel größer. Er hat breitere Räder und mehr Abtrieb. Dafür wiegt er mehr. Warten wir mal die ersten Rennen ab.“ Nur nicht zu viel versprechen, ist seine Devise. Dabei fehlt es ihm nicht an Ehrgeiz. „Ich gebe immer 100 %. Man muss aber aufpassen, dass man sich nicht selbst zu viel Druck macht.“

Sein Team, das ihn bei jedem Rennen unterstützt, gewinnt und verliert schon lange mit ihm. „Wir sind früher bei der SFG Rinteln zusammen Kart gefahren.“ Mit seinen „Jungs“ sei er auch jede neue Bergrennstrecke zu Fuß abgegangen. „Schon beim Kartslalom mussten wir uns jeweils den abgesteckten Parcours merken. Das war eine sehr gute Übung fürs Bergrennen.“

Wann immer es passt, ist auch seine Familie im Fahrerlager dabei. Sein Vater, von jeher sein Vorbild, greift ihm technisch unter die Arme, nur beim praktischen Teil auf der Strecke hält er sich bedeckt. „Man mag es kaum glauben, aber über die Fahrlinie habe ich mich mit meinem Vater noch nie unterhalten.“

Marco geht seinen eigenen Weg mit großem Erfolg. Von der Fahrerförderung im ADAC-Team Niedersachsen/Sachsen-Anhalt wird er bereits im dritten Jahr als Talent unterstützt. „Darauf bin ich ziemlich stolz, denn es ist gar nicht so einfach, da reinzukommen.“ Und voller Vorfreude erzählt er: „Beim Osnabrücker Bergrennen wird mich in diesem Jahr RTL Nord begleiten.“

Ob damals in der Turnhalle oder heute am Berg – Marco Lorigs Leistung fällt auf! 

Text: Ruth Scheithauer