Bergrennen in Deutschland

Wenn der Vater mit den Söhnen: Die Bergrenn-Familie Voss

DELBRÜCK (rsh) Jonah Voss (16) ist von klein auf Bergrennen-Fan. Schon vor ein paar Jahren führte er stolz ein Interview mit dem Spitzenfahrer Christian Merli aus Italien. Mutter Martina Voss zeigt ein Handyvideo, in dem der Europameister Jonahs sorgfältig vorbereitete Fragen – gedolmetscht von einem Freund der Familie – freundlich beantwortet.

Kein Wunder, dass Jonah schon früh vom Bergrennfieber erfasst wurde. Vater Andreas Voss feierte 1998 beim Osnabrücker Bergrennen sein Debüt am Berg, nachdem er in den 1980er Jahren mit Stockcar-Rennen und Slalom in den Motorsport eingestiegen war. Seither fährt er jedes Jahr so viele Bergrennen, wie es die Arbeit in seinem Zuchtgeflügelhof in Delbrück-Westenholz im Kreis Paderborn zulässt. Eine andere Disziplin kam nie infrage: „Mein Ding ist der Berg.“

Sein Rennwagen trägt üblicherweise das Design des Formel 3000 von Lionel Régal. Andreas hat den 2010 tödlich verunglückten französischen Berg-Star als Mensch und als Piloten bewundert und möchte die Erinnerung an ihn lebendig halten. Die Saison 2024 bestreitet Andreas im Osella PA 2000 Evo, den zuvor der Österreicher Christoph Lampert fuhr.

Jonahs zweites Vorbild ist sein großer Bruder, Bastian Voss. Der begleitete Andreas schon als Kind zu vielen Rennen. Mit 15 begann er selbst erfolgreich im Slalom Youngster Cup, in dem es in identischen Autos zunächst allein ums Fahrerische ging. Nebenbei startete er mit einem Golf I GTI von Vater Andreas. „Den haben wir neu aufgebaut, und das war natürlich klasse, so ein Vater-Sohn-Ding.“

Andreas, Bastian und Jonah haben sich auf dem Hof eine Werkstatt eingerichtet. „Eigentlich waren wir keine Schrauberfamilie“, sagt Bastian, „aber in den letzten Jahren versuchen wir, möglichst viel selber zu machen.“ Dabei steht ihnen das Team Conrad Racing Sport aus Dettenhausen zur Seite. „Wenn es etwas Größeres gibt, können wir dort jederzeit anrufen.“ Andreas bestätigt: „Wir sind dem Team Manuel und Thomas Conrad für all die Unterstützung sehr dankbar. Und ein sehr großes Dankeschön auch an Hansi Rüsing, Franz Ewers und Heinz-Dieter Janschke, die uns bei allen Rennen helfen.“

Bei ihm selbst waren die ersten Jahre schwieriger. „Durch unseren landwirtschaftlichen Betrieb konnten wir nicht an vielen Rennen teilnehmen. Am Berg wird man schnell, wenn man viel fährt. Man muss nicht nur die Strecke kennen, sondern auch das Risiko einschätzen lernen und wissen, wie weit man sein Auto ausreizen kann.“

Das gilt auch beim Osnabrücker Bergrennen. Dort hat Andreas fast nie gefehlt, und auch Bastian schwärmt: „Es ist unser Heimrennen, nur 40 Minuten von uns entfernt. So viele Zuschauer wie hier sieht man bei einem Bergrennen selten, und es sind immer viele Freunde von uns da. Die Strecke ist sehr anspruchsvoll, obwohl sie nicht so lang ist. Da kann man sich immer wieder selbst herausfordern.“

Bastian studiert Maschinenbau mit Schwerpunkt Fahrzeugtechnik und ist Helfer in der Formel Student an der Uni in Stuttgart-Esslingen. Er ist 2023 vom Formel Renault auf den Tatuus Formel Master umgestiegen und wünscht sich eine gute Platzierung in der Deutschen Bergmeisterschaft. „In den nächsten ein, zwei Jahren wird es vielleicht noch nicht klappen. Aber wenn wir kontinuierlich arbeiten, uns stetig verbessern und immer unfallfrei bleiben, ist es nicht unerreichbar.“

Andreas hat andere Prioritäten. „Der Osella PA 2000 Evo wird wohl mein letztes Rennauto sein. Aber ich will auf jeden Fall noch ein paar Jahre fahren, solange es mir gut geht.“ Nach seinem größten Erfolg im Rennsport befragt, verortet er sich lakonisch „meist im Mittelfeld“. Viel wichtiger ist ihm: „Ich bin stolz darauf, wie Bastian das jetzt umsetzt. Er konnte früher anfangen als ich, und er hat das ideale Fahrgefühl für ein Formelauto, mit einem guten Popometer, wie man so schön sagt. Ja, ich freue mich für ihn.“

Bastian fügt hinzu: „Das Entscheidende für meinen Vater waren immer die Auszeit vom arbeitsreichen Alltag und die Freundschaften, die in all den Jahren entstanden sind. Das alles ging natürlich nur, weil meine Mutter sich an den Rennwochenenden um den Betrieb kümmerte. In Osnabrück war sie aber immer dabei und stand schon mit mir im Buggy und mit Ohrenschützern an der Rennstrecke.“

Auch Jonahs Entwicklung bedeutet Andreas mehr als seine eigene: „Jonah startet jetzt auch im Slalom Youngster Cup. Das ist eine sehr gute Schule für den Einstieg und auch eine gute Vorstufe für den Führerschein. Und die Leidenschaft zu Bergrennen teilt er jetzt schon.“

Mutter Martina ist noch etwas ängstlich und würde ihre Männer am liebsten in Watte packen. Aber sie kann und will ihnen ihre Leidenschaft nicht nehmen. Jonahs Ziel steht ohnehin längst fest: „Wie mein Vater und mein Bruder Bergrennsport betreiben und auch im Formelauto sitzen.“

von Ruth Scheithauer